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Trotz Kritik ist sich Urner Regierung sicher: Beitrag an Schweizergarde entspricht der Meinung der Bevölkerung

36’000 Franken bezahlt der Kanton Uri an den Neubau der Kaserne der Schweizergarde im Vatikan. Das Geld dafür hat die Regierung aus dem Lotteriefonds genommen. Hat sie damit im Sinn der Bevölkerung gehandelt?

50 Millionen Franken soll sie kosten, die neue Kaserne der Schweizergarde, dem päpstlichen Militärkorps im Vatikan. 17 Kantone wollen den Neubau finanziell unterstützen. Das Geld dafür nehmen sie hauptsächlich aus den kantonalen Lotteriefonds.

Von den Zentralschweizer Kantonen gibt es nur aus dem Kanton Luzern keinen Zuschuss für den Vatikan. Die Luzerner Stimmbevölkerung erteilte dem Beitrag des Kantons an den Neubau der Schweizergarde-Kaserne erteilte die Luzerner Stimmbevölkerung Ende September mit 71,5 Prozent Nein-Stimmen eine deutliche Abfuhr.

Die Kantone Zug, Schwyz, Nidwalden und Uri steuern dem Neubau jeweils einen Franken pro Einwohner bei – in Uri also 36’000 Franken. Obwalden spendet mit 5000 Franken einen vergleichsweise kleinen Beitrag. Diskussionen um die Beiträge gab es unter anderem in den Kantonen ZugSchwyz und Wallis. Die Regierung des Kantons Wallis sprach gar einen Betrag von 1 Million Franken – was nicht überall gut ankam.

Verein kämpft gegen die Beiträge der Kantone

Die Freidenker-Vereinigung Schweiz hatte im Kanton Wallis zusammen mit linken und liberalen Vertretern aus der Politik eine Petition lanciert. Ziel der Unterschriftensammlung war, dass die Regierung die Thematik vors Kantonsparlament bringt, damit ein Referendum hätte ergriffen werden können. So hätte schliesslich die Bevölkerung über den Beitrag abstimmen können, wie es im Kanton Luzern der Fall war.

So weit kommt es aber nicht. Denn wie der «Walliser Bote» berichtet, empfindet die Regierung die Spende weiterhin als gerechtfertigt und bringt das Thema auch nicht vor den Kantonsrat. Ausserdem sei im Wallis ein Kantonsratsbeschluss auch nicht referendumsfähig.

Die Initianten wollen jedoch an der Petition weiter festhalten und so den Druck auf die Regierung erhalten. Auch im Kanton Uri könnten die Freidenker ähnliches versuchen. Denn die Vereinigung kündigt an:

«Wir werden auch in den anderen Kantonen dranbleiben, Briefe an die Regierungen richten und die Reglemente unter die Lupe nehmen.»

Denn Staat und Kirche gehörten klar getrennt. «Wir wollen nicht gegen die Kantonsregierungen arbeiten, sondern eine faire Verteilung der Gelder ermöglichen», heisst es seitens der Vereinigung weiter.

Kantonale Lotteriefonds

Die kantonalen Fonds (Swisslos-, Lotterie- und Sportfonds) werden gespiesen aus dem Reingewinn von Swisslos. Rund ein Viertel des Reingewinns von Swisslos fliesst in die kantonalen Fonds. Alle Deutschschweizer Kantone und das Tessin – für die französische Schweiz ist die Loterie Romande zuständig – erhalten je nach Erfolg des Swisslos-Geschäftsjahres, Spieleinnahmen und Grösse der Bevölkerung einen Betrag in ihre Swisslos-Fonds. Wie die Fondsgelder eingesetzt werden, entscheiden ausschliesslich die Kantone gemäss ihren Vorgaben. 

2021 gab es von Swisslos für den Kanton Uri rund 2,5 Millionen Franken. Der Kanton verfügt über zwei Fonds: den Lotteriefonds und den Sportfonds. Innerhalb des Lotteriefonds fliessen die Mittel den Bereichen Kultur, Gesellschaft und Soziales zu. Eine detaillierte Übersicht zu den unterstützten Projekten ist jeweils in der Jahresrechnung aufgeschlüsselt. (mka)

Beitrag mit langjähriger Geschichte begründet

Auch im Kanton Uri gibt es kritische Stimmen gegenüber dem Beitrag an die Schweizergarde-Kaserne. Die Landrätin Jolanda Joos (SP, Bürglen) stellte bereits im März dieses Jahres mit einer Kleinen Anfrage an die Regierung unter anderem den Verwendungszweck des Lotteriefonds für diese Art von Projekten in Frage.

Im Geldspielreglement des Urner Rechtsbuchs steht zur Verwendung der finanziellen Mittel des Lotteriefonds, dass in erster Line Personen, Körperschaften und Organisationen unterstützt werden, die in Uri wohnen oder ihren Sitz im Kanton haben. Weitere Projekte können unterstützt werden, wenn eine enge Beziehung zum Kanton Uri aufgewiesen werden kann oder eine interkantonale oder internationale Unterstützung notwendig oder sinnvoll ist.

Der Regierungsrat begründete die einmalige Unterstützung des Kasernen-Neubaus damit, dass den Kanton Uri und die Schweizergarde eine lange Geschichte verbindet und in der 500-jährigen Geschichte zahlreiche Urner in der Schweizergarde Dienst geleistet haben. Mit der Antwort zeigte sich die Landrätin nicht zufrieden, sagte damals aber auf Anfrage der «Urner Zeitung»:

«Ein Referendum, wie es in Luzern ergriffen wurde, wäre im Kanton Uri aber wohl chancenlos.»

Wie hätte Uri abgestimmt?

Grund für diese Annahme war der hohe Anteil von Katholiken in der Urner Bevölkerung. Denn in Uri ist die Stimmbevölkerung zu fast 80 Prozent katholisch, wie Zahlen zeigen, die das Bundesamt für Statistik für diese Zeitung ausgewertet hat. Dies ist selbst im Vergleich zum ebenfalls katholischen Luzern (62 Prozent katholisch) eine hohe Zahl.

Und trotzdem: In Luzern ging die Abstimmung nicht knapp verloren, sondern unterlag an der Urne mit 71,5 Prozent Nein-Stimmen deutlich. Wie würde also eine Abstimmung im Kanton Uri ausgehen?

Geht man davon aus, dass alle Nicht-Katholiken in Luzern gegen den Beitrag waren und das Verhältnis zwischen katholisch und nicht-katholisch bei den Leuten, die an die Urne gingen, dem Verhältnis in der Stimmbevölkerung entspricht, dann hätte in Luzern rund die Hälfte der Katholiken für das deutliche Endresultat Nein stimmen müssen. Geht man vom selben Szenario im Kanton Uri aus, würde die Abstimmung auch hier mit rund 60 Prozent Nein-Stimmen ausgehen.

Die Rechnung erfordert einige Annahmen und ist lediglich eine Spielerei. Ein Referendum wäre im Kanton Uri rechtlich nicht möglich gewesen, da die Regierung frei nach den gesetzlichen Vorgaben über den Lotteriefonds verfügen kann und diese Geschäfte nicht im Landrat behandelt werden müssen. Dennoch stellt sich die Frage, ob der Entscheid der Regierung auch mehrheitlich der Meinung der Urner Bevölkerung entspricht.

Uneinigkeit über die Meinung der Bevölkerung

In Frage stellt dies Jolanda Joos, die das Thema gerne vor das Volk gebracht hätte. Nach der Abstimmung in Luzern informierte sie sich, ob ein Referendum auch in Uri möglich wäre. Da dies nicht der Fall war, ist für die Landrätin klar:

«Die Spende von 36’000 Franken ist beschlossene Sache, da können wir nichts mehr machen.»

Ganz abgehakt hat sie das Thema aber noch nicht. In einer weiteren Kleinen Anfrage stellt sie zusätzliche Fragen zum Thema. Unter anderem will sie von der Regierung wissen, wie diese die Meinung der Urner Bevölkerung dazu einschätzt. Die Regierung antwortet darauf folgendermassen:

«Der Regierungsrat schätzt die Meinung der Urner Bevölkerung so ein, dass sie das auch so sieht und nichts gegen einen einmaligen Beitrag zu Gunsten einer zeitgemässen Unterkunft der Schweizergardisten in der geleisteten Höhe einzuwenden hat.»

Joos zeigt sich erstaunt über diese Aussage. «Ich erlebe die Urnerinnen und Urner als offen und zukunftsorientiert – und würde diese Wette gerne mit der Regierung eingehen», sagt die Landrätin auf Nachfrage.

Wie die Urner Bevölkerung zum Vatikan und der Schweizergarde steht, könnte sich 2025 zeigen. Denn aus der Antwort der Regierung geht weiter hervor, dass der Kanton Uri eine Anfrage der Schweizergarde erhalten hat, im Jahr 2025 Gastkanton beim «Sacco di Roma», der jährlichen Vereidigungsfeier der Schweizergarde im Vatikan, zu sein. Der Regierungsrat würde der Einladung gerne nachkommen, schreibt er in seiner Antwort. Definitiv entschieden ist noch nichts.

Doch eine Summe von 190’000 Franken wurde bereits im Rahmen des Finanzplans für das Budget 2025 aufgenommen, um die Aufgaben zu finanzieren, die ein Gastkanton zu erledigen hat. Für Landrätin Joos ist klar, dass sie sich gegen einen entsprechenden Beitrag im Budget wehren würde. Falls das Geschäft durch ein Referendum vor das Volk käme, könnten die Urnerinnen und Urner zeigen, wie sie zu der Finanzierung von Projekten im Vatikan stehen.

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